In Tutzing rückt das Thema Pflege in den Fokus einer Veranstaltung der CSU Tutzing. Drei ausgewählte Referenten wurden vom Vorsitzenden Ludwig Horn eingeladen, um die diversen Aspekte und Herausforderungen der Pflegelandschaft aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Während die Gemeinde Tutzing von zahlreichen lokalen und überregionalen Einrichtungen versorgt wird, erheben sich wichtige Fragen und Anliegen, die in der jüngsten Zusammenkunft kritisch untersucht wurden.
Dr. Weiler
Sein Blick ist stark auf die Krankenhäuser gerichtet. „9 von 10 Krankenhäusern sind derzeit in Schwierigkeiten“. So heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Gesundheitsministerium. Dr. Weiler, Geschäftsführer der Kliniken des Landkreises Starnberg, gehört zum Beraterstab von Gesundheitsminister Klaus Holetschek bei der Krankenhausreform.
Grund für die kritische Situation ist die unzureichende Kostendeckung durch Fallpauschalen im Verhältnis zu stark steigende Kosten. Die trägen Anpassungsmechanismen führen dazu, dass die Leistungsentgelte der Krankenkassen den Preissteigerungen erst mit einer Verzögerung von zwei Jahren folgen. Die große Differenz zwischen den realen Preissteigerungen und den angepassten Leistungsentgelten verursacht die Probleme der Häuser. In den Preissteigerungen sind auch Gewinnmitnahmen zu sehen, die nicht in Relation gesetzt werden können. Beispielsweise kostete ein Skalpellmesser vor 2 Jahren noch 0,90 € jetzt ca. 10,00 €, "da läuft leider vieles sehr schief."
Die Krankenhausreform von Karl Lauterbach wurde von ihm fachlich sehr kritisiert, da ein Strukturwandel durch die Hintertür durchgeführt wird. Offiziell werde über die Anpassung der Fallpauschalen und Zahlungen an die Krankenhäuser verhandelt. Hier wird aber bereits darauf gesetzt, dass einige Häuser in die Insolvenz gehen und so das vorhandene Geld auf die „Überlebenden“ verteilt wird. Dabei wird übersehen, dass die Insolvenzen weitere Kosten wie Arbeitslosengeld und Ausfälle bei den Lieferanten nach sich ziehen.
Die Reform wird auch Auswirkungen auf die Versorgung aller Bürger im Landkreis, auch in Tutzing, haben. Man muss jetzt sehen, wie man zu Vereinbarungen kommt. Aber es ist natürlich generell eine Belastung für die Pflegenden.
Armin Heil
Er beginnt mit einer nachdenklich stimmenden Feststellung. Hätte es vor 41 Jahren, zu Beginn seiner Laufbahn, die heutigen Bedingungen gegeben - er wüsste nicht, ob er diesen Beruf ergriffen hätte.
Es sind die nicht enden wollenden Auflagen und bürokratischen Anforderungen. Bürokratieabbau habe er in seiner Zeit nicht erlebt. Viele Berichte, komplizierte Dokumentationspflichten für bestimmte, zum Teil kleinste Vorgänge. Die Pflegenden werden in Frage gestellt. Bis ins kleinste Detail muss dokumentiert werden, um alles nachweisen zu können. Es herrsche eine gewisse „Misstrauenskultur“, bestätigte auch Dr. Weiler und wies auf dieses Problem hin.
Aber Heil liebt seine Arbeit und macht sie gerne. Gerade in Tutzing, bestätigt er, werde die Pflege noch geschätzt. Mit dem ambulanten Pflegedienst in Tutzing sei er für die Menschen da. Man erfülle viele Wünsche der Menschen, unabhängig von den finanziellen Auswirkungen. Das Konzept der Ambulanten Pflege ist so einfach wie anspruchsvoll: Jeder bekommt eine menschenwürdige Pflege und kann zu Hause bleiben. Die entstehenden Mehrkosten, die keine Versicherung übernimmt, werden durch Spenden finanziert.
Er schwenkt auf die personelle Herausforderung. Es ist nicht nur ein Thema der Politik, sondern auch der Gesellschaft.
Es wird zu wenig über die positiven Seiten gesprochen. Dadurch wirke der Beruf abschreckend. Man braucht junge Leute, die diesen Beruf ergreifen. Sonst geht es nicht mehr. Er sei dafür, die schönen Seiten wieder positiv hervorzuheben und junge Menschen zu ermutigen, diesen Beruf zu ergreifen. Das sei auch eine gesellschaftliche Herausforderung und Haltung.
Abschließend referierte er über die Tagespflege, ein echtes Erfolgskonzept in Tutzing ist. Die Einrichtung wir gut angenommen und den Menschen tut es Gut. Es muss aber beworben werden, in Starnberg wird eine leider eine Einrichtung aufgrund zu geringer Nachfrage wieder geschlossen.
Harald Schwab
Er erweiterte den Blick auf die Einrichtungen im Bezirk. Immer dann, wenn eine Versorgung notwendig ist, die Krankheit selten ist, macht es Sinn, sich zusammenzuschließen. Das macht der Bezirk Oberbayern. Zum Beispiel mit der Marinne-Strauß-Klinik in Berg, die sich auf Multiple Sklerose (MS) spezialisiert hat.
Er hat das Problemen mit dem „Image“ des Pflegeberufs bestätigt und für den erfüllenden und schönen Berufe geworben. Man müsse aber auch an die privaten Pflegepersonen denken. Die Angehörigen müssen eine Auszeit nehmen können oder bei unvorhergesehenen Ausfällen unterstützt werden. Deshalb setzt sich Harald Schwab für ein Pflegehotel ein. Als Pilotprojekt soll diese Idee initiiert werden und eine Art Kurzzeitpflege anbieten. Trotz der personellen Herausforderungen soll weiter an eine Verbesserung der Angebote gearbeitet werden.
Fazit:
In einer tiefgreifenden Diskussion über die Pflegelandschaft in Tutzing haben drei Experten ihre Sichtweisen und Bedenken geteilt. Dr. Weiler warnte vor den aktuellen Schwierigkeiten von 9 von 10 Krankenhäusern, verursacht durch eine Diskrepanz zwischen den steigenden Kosten und den träge angepassten Fallpauschalen. Besonders kritisch sah er die aktuelle Krankenhausreform und die drohenden Folgen von Insolvenzen.
Armin Heil beleuchtete die bürokratischen Hindernisse in der Pflege, die oft zu Misstrauen führen und die Begeisterung für den Beruf dämpfen. Er betonte jedoch auch die Positivität und Wertschätzung, die er in Tutzing für seine Arbeit empfängt, und warb für eine menschenwürdige Pflege für alle, finanziert durch Spenden und die Gemeinschaft.
Harald Schwab erweiterte den Fokus auf den Bezirk Oberbayern und betonte die Bedeutung der Kooperation bei seltenen Krankheiten. Er plädierte für eine Unterstützung sowohl der professionellen Pflegekräfte als auch der pflegenden Angehörigen und schlug ein Pflegehotel als innovatives Konzept für die Kurzzeitpflege vor.
Zusammenfassend zeigt die Diskussion die Komplexität und Dringlichkeit der Pflegeproblematik auf und unterstreicht die Notwendigkeit von Reformen, Innovationen und einer gesellschaftlichen Wertschätzung.
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